Überfraktioneller Antrag und Stellungnahme zum Projekt LeBeN

Überfraktionelle Gruppe
i.A. Armin Gabler
Herrn Bürgermeister Christian Eheim
und den Gemeinderat
Hauptstraße 39
76676 Graben-Neudorf
Graben-Neudorf, den 11.09.2020


Überfraktioneller Gruppenantrag: Planungsstopp LeBeN

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Eheim,
die unterzeichnenden Gemeinderäte aus allen drei Fraktionen des Gemeinderats stellen

hiermit folgenden Antrag:
Der Gemeinderat möge folgende Beschlüsse fassen:

  • Die vorliegenden Planungen des Architekturbüros MVRDV zum Projekt LeBeN
    („Landschaftsbibliothek“) werden ab sofort gestoppt.
  • Alle Gemeindeorgane tätigen in Bezug auf diesen Planungsentwurf bis auf Weiteres
    keine Rechtsgeschäfte mehr, die zu weiteren Ausgaben führen könnten.
  • Im Rahmen der Haushaltsplanung 2021 und der mittelfristigen Finanzplanung (2022
    – 2024) wird der Gemeinderat erneut entscheiden, unter welchen Bedingungen die
    Planungen für die Neue Mitte fortgesetzt werden.
  • Ziel des Gemeinderats ist es weiterhin, einen lebendigen und attraktiven Mittelpunkt
    in der Gemeinde zu schaffen, der bei den Bürgerinnen und Bürgern eine hohe Akzeptanz genießt.

    Begründung:
    Im Juli 2020 wurde der Planungsentwurf LeBeN („Landschaftsbücherei“) öffentlich vorgestellt. Bereits vorher wurde nicht-öffentlich im Gemeinderat darüber beraten. Nach den intensiven Diskussionen der letzten Wochen gibt es große Zweifel, ob dieses Projekt überhaupt
    durchführbar ist und ob es die gestellten Anforderungen erfüllen kann.

    Notwendigkeit
    Es gibt keine Dringlichkeit, in der Neuen Mitte ein Lern- und Begegnungszentrum zu errichten. Das Bürgerbüro kann auch weiterhin im Rathaus bleiben. Das derzeitige Bibliotheksgebäude ist nicht baufällig und Begegnungsräume gibt es bereits in der Gemeinde.
    Die Landschaftsbücherei ist ein Prestigeprojekt, das nicht der Daseinsvorsorge dient. Daher
    muss umso sorgfältiger geprüft werden, ob es in den Rahmen des Gemeindehaushalts
    passt. Wichtige Investitionen der nächsten Jahre wie z. B. die Trinkwasserversorgung oder
    der Neubau der Erich-Kästner-Schule dürfen dadurch nicht verzögert oder über Schulden finanziert werden.

    Gemeindemitte wird zugebaut
    Statt einen Treffpunkt für die Bürgerinnen und Bürger von Graben-Neudorf zu schaffen, wird mit der Landschaftsbücherei die Mitte komplett zugebaut. Neben den großen Gebäuden der Sparkasse und des neuen Ärztehauses wird noch ein weiteres Gebäude hineingequetscht,
    das fast genauso hoch sein soll wie der Rathausturm. Wegen seines großen Umfangs muss die Hauptstraße verlegt und alle Bäume vor dem Rathaus gefällt werden. Die neue Straße soll schluchtartig zwischen Rathaus und Landschaftsbücherei geführt werden. Einen Platz in
    der Mitte, der bei Bedarf durch die Sperrung der Hauptstraße und Hinzunahme des Rathausvorplatzes für kurze Zeit zu einem großen Festplatz erweitert werden kann, wird es so nie mehr geben. Aus unserer Sicht muss deshalb die Dimension des Gebäudes nochmals überdacht werden.

    Funktionen des Gebäudes
    Eine Neujustierung der Dimension bedeutet auch gleichzeitig die Diskussion über die Funktionen, die in dem neuen Gebäude untergerbacht werden sollen. Alle Alternativen müssen
    noch einmal auf den Tisch. Soll das Bürgerbüro wirklich aus dem Rathaus ausziehen? Ist ein Neubau der Gemeindebibliothek in Zeiten der verstärkten Digitalisierung angebracht oder ist die Sanierung des bestehenden Gebäudes ausreichend? Soll im neuen Gebäude ein Café
    oder eher gehobene Gastronomie untergebracht werden? Wie muss ein Begegnungszentrum gestaltet werden, das für alle Gruppen der Bürgerschaft ansprechend ist?

    Akzeptanz
    Mit der Gestaltung der Neuen Mitte sollte ein Symbol für die Einheit der Gemeinde GrabenNeudorf geschaffen werden. Es ist jetzt schon absehbar, dass diese Landschaftsbücherei stark umstritten ist. Viele Bürgerinnen und Bürger lehnen den Entwurf ab, weil er nicht zu
    Graben-Neudorf passt. Eine hohe Akzeptanz der Landschaftsbücherei ist weder im Gemeinderat noch in der Bürgerschaft spürbar.

    Und zu guter Letzt: Hohe Investitions- und Folgekosten
    Der Bau des Landschaftsdachs, die Tiefgarage, der Umbau der Hauptstraße und die Inneneinrichtung werden Investitionen in einem zweistelligen Millionenbereich verursachen. Neben
    den einmaligen Investitionskosten muss mit enormen Folgekosten gerechnet werden, die bei
    dem aktuellen Konzept unvermeidbar sind Noch ist nicht klar, wie sich die Corona-Krise auf
    die Finanzen der Gemeinde Graben-Neudorf auswirken wird. Dauerausgaben in diesem Umfang sehen wir zu diesem Zeitpunkt daher als nicht vertretbar an.

    Fazit
    Aus allen genannten Gründen ziehen wir den Schluss, dass der Planungsprozess gestoppt
    und über das Projekt noch einmal grundsätzlich nachgedacht werden muss.

    Unterzeichnende Gemeinderätinnen und Gemeinderäte:
    Thomas Blau, Wolfgang Frick, Armin Gabler, Jörg Hartmann, Dr. Dieter Kadelka, Karl-Heinz Kling,
    Andre Mayer, Marcus Melder, Peter Schäfer, Klaus Wilhelm, Silke Wünsch, Annette Zinecker